Donnerstag, 16. September 2010

Vlogging, Blogging, Twitter und die Manie der Selbstdarstellung

---Eine kurze Geschichte der Profilierung---

Das Wort "Blog" ist eine Art Kunstwort, welches wiederum aus dem Kofferwort "Weblog" entstand. Web dürfte klar sein und "log" bedeutet soviel wie "Tagebuch", oder eben Bericht/Logbuch oder auch als Verb "to log" also "aufzeichnen". Der/das Blog war die erste offizielle Möglichkeit, die unnötigsten Geschehnisse des Alltags, aber auch Routinetätigkeiten der ganzen Welt mitzuteilen. Ich blogge, du blogst, er, sie, es, blogt und kaum ein Jahr später blogst du, er, sie, es, und auch ich nicht mehr, denn es wird gezwitschert. Twitter, übersetzt "Zwitscher" heißt die neuere Form der Profilierung.
Während man beim Bloggen noch als besonders empfundene Alltagsgeschehnisse, sei es nun ein neues MakeUp, der Friseurwechsel oder das Treffen mit einem realen Freund, mitteilte, darf oder sollte man einfach alles zwitschern, ob man nun gerade seinen allmorgentlichen Stuhlgang hat, isst, schläft oder gerade lebt oder nicht mehr lebt, denn schließlich will ja jeder wissen, was man gerade macht. Ein Abgesang per iPhone und das Requiem findet virtuell in Facebook-Gruppen statt. Der Vorteil: Der Staat liest ohenhin mit und der Gang zum Standesamt entfällt somit.
Das Gezwitscher wurde aber wieder leiser und Facebook rückte in den Vordergrund. Die Histrioniker unter uns erfreuen sich an der Möglichkeit, ihren Freunden, aber auch den Konzernen, nun auch ihr Konsumverhalten mitteilen zu können.
Das auf zahlreichen Videoportalen zum Trend gewordene "Vloggen" ist ein weiteres Kunstwort, wobei das V für Video steht, und genauso stumpfsinnig ist, wie das Wort selbst klingt.

---WIESO??---

Ich kann ja noch irgendwo die Leute verstehen, die bloggen oder vloggen, sie scheinen einfach einen manischen, wenn nicht sogar pathologischen Mitteilungs- und Profilierungsbedarf und einen mehr oder weniger latenten Hang zum Exhibtionismus zu haben, aber was ich nicht verstehe sind jene Leute, die es sich auch noch ansehen bzw. lesen! Wenn es wenigstens interessante, hilfreiche oder lehrreiche Sachen wären, aber es gibt Videos, wo einfach der etwas wohlhabendere überdurchschnitsgewichtige Herr Vlogger aus den Vereinigten Staaten mit seiner Durchschnittsfamilie einkaufen geht oder seine Kinder zur Schule bringt, also da passiert einfach nichts Relevantes und dennoch haben diese Videos hunderttausende Views. Wie ist das möglich? Lange Zeit habe ich nachgedacht, warum man sich so etwas ansieht. Dann habe ich als letzte mögliche Lösung gesehen, dass es vielleicht Menschen sind, die selbst keine Familie haben, sich aber eine wünschen o.Ä. oder die eben selbst Eltern in einer Familie sind, und für die es wie eine Art Informationsaustausch ist, denn bei einem Kaffeeplausch, wo zwei Familienmütter und/oder -väter aufeinandertreffen, wird ewig genau über solche leeren Dinge, ganz besonders auch Haustiere stundenlang erzählt, aber dann sah ich mir die Statistiken bei den Vlogs an (übrigens eine sehr hilfreiche Innovation, mein Lob an YouTube; Marktforscher und Psychologen jubeln) und die Zielgruppen der Vlogs sind nicht etwa Männer und Frauen über 25 (durchschnittliches Alter in dem man beginnt, an Familie zu denken) sondern Jugendliche! 13-20!!Unglaublich. Genauso absurd: einer der meistabonnierten Kanäle auf YouTube gehört einem Mann, der in seinen Videos lediglich andere, von ihm als sehenswert oder lustig empfundene YouTube-Videos, mit vorhergehendem knappen Kommentar seinerseits, präsentiert. Wäre Freud noch am Leben, so würde er es wohl auf latenten Voyeurismus zurückführen, aber für solche Leute hat das Internet dann wohl doch etwas mehr zu bieten, als nur Vlogs. Ich kann mir dieses Phänomen jedenfalls nicht so recht erklären.

---Wer im Glashaus sitzt...---

Und ja, natürlich bin ich mir der Ironie bewusst, in einem Blog das Blogging zu kritsieren, andererseits gehört dieser Blog, wie schon des Öfteren erwähnt, zu jenen, die einigermaßen sinnvoll genutzt werden. Ich berichte hier von erwähnenswerten Erlebnissen, die gleichzeitig auch die Möglichkeit für den Leser bieten, Informationen zu sammeln (falls er/sie z.B. auch eine solche Wanderung zu unternehmen gedenkt...) und möchte meine schönen Erfahrungen gewissermaßen mit den Lesern teilen. Was manch einer als unwichtige Details empfindet, gehört zu meinem Schreib- bzw. Erzählstil. Neben den Erzählungen möchte ich auch Denkanstöße liefern, und natürlich auch eigene Theorien und Stellungnahmen zu denen natürlich jeder herzlich eingeladen ist, zu kritisieren.

Es ist für mich übrigens keine nachvollziehbare Antwort, wenn mir nun jemand antwortet, er vlogge, weil auch er seine Erlebnisse mit der "Welt da draußen" teilen möchte. Ich empfinde jedenfalls einen Friseurbesuch oder Alltagsroutine einfach nicht als teilenswert, aber vielleicht sehen die Zuseher der "Vlogs" das ja tatsächlich anders...Man möge mich bitte aufklären.

Mit besten Grüßen

Mimir


P.S. Heute bin ich doch glatt um 9 Minuten zu spät aufgestanden, da ich auf meinem Handy aus versehen die "Schlummern"-Taste und nicht die "Wecker aus"-Taste gedrückt habe. Aus diesem Grund mussten die Cornflakes entfallen und ich musste mich mit einem Toast begnügen. Wenn ich jetzt meinen Schokoladepudding verspeist habe, werde ich mir die Zähne putzen gehen und bei Bedarf auch die Toilette aufsuchen. Danach werde ich ein Glas Wasser trinken...

Mittwoch, 15. September 2010

Die Muse der Muße

"Ich liebe die Bequemlichkeit und finde es äußerst mühsam, geistreich sein zu müssen." 
          Molière, Die gelehrten Frauen, 3,4

Bequemlichkeit ist ein Feind des wachsenden Geistes. So wie das Cocablatt dem Hunger, ist die Bequemlichkeit dem Wissenshunger eine Droge. Zwar lässt sie einen den Hunger vergessen, er ist jedoch stets da, bis man eines Tages verhungert oder zumindest immer dünner wird...

"Soll ich nachdenken oder nicht?"

Bequemlichkeit, oder, in diesem Zusammenhang auch "der innere Schweinehund", ist verführerisch. Die großen und tiefgehendsten Fragen der Philosophie, der Quantenphysik und einfach allem, was an den Grenzen bzw. sogar außerhalb unseres Verstandes liegt, sind anstrengend, sie bereiten einem Kopfschmerzen und schlaflose Nächte. Ist es denn nicht viel bequemer sich mit dem Gedanken, man könne sie ohnehin nicht beantworten und wenn doch, von welcher Relevanz wäre es schon für uns, ganz zu schweigen von der Relativität, die damit einhergehen würde, hinzulegen und dem Nichtstun zu frönen?
Und wenn es schon nicht die Muße ist, der man frönt, dann ist es doch das "passive Denken", das so verführerisch ist. Lieber liest man ein philosophisches Buch um latente Gedanken und Ideen bestätigt zu sehen als selbst über die Fragen nachzudenken und lieber sieht man einen Film über das Erreichen von Höherem, als selbst Höheres zu erreichen versuchen. Ist es nicht so? In den Ferien fiel es mir schwer, wieder einmal so richtig über die Dinge nachzudenken. Zwar fiel mir das Überwinden des "physischen Schweinehundes" also die sportliche Betätigung und das Wandern weniger schwer, doch das Überwinden des "geistigen Schweinehundes" umso mehr. Es gab viele Gelegenheiten -auch unterm Wandern- in denen ich hätte philosophieren, nachdenken oder schreiben können, doch die Verlockung, sich einfach treiben zu lassen und die Leere im Kopf zu genießen, war unglaublich groß. Genauso hatte ich oft Ideen für Bücher, Filme, Fotos, Szenen…bei denen ich mich einfach nicht dazu bequemen konnte, sie niederzuschreiben, geschweige denn, weiterzuentwickeln.
Dahingehend verstehe ich es allmählich, oder kann es zumindest nachvollziehen, wenn sich Menschen nicht an tiefgründige philosophische Fragen oder überhaupt an das, was an den Grenzen unseres Verstandes liegt, heranwagen, finde es also nicht feige, aber natürlich auch nicht ehrenswert sonder doch immer noch ein klein wenig fraglich um es humorvoll zu erklären.
Ja, es galt sogar die Verlockung, fern zu sehen anstatt Bücher zu lesen zu überwinden, denn auch im Fernsehen kommen oft interessante Beiträge (Dokus, Survivalserien etc.) die einen auch weiterbringen, jedoch noch viel passiver, also psychisch noch weniger anstrengend sind, als Bücher, da die audiovisuelle Komponente passiv anstatt interaktiv geliefert wird.  
Vielleicht kommt es ja auch daher, dass ich unter dem Schuljahr geistig voll ausgelastet bin und wenn dann die Ferien kommen, braucht man wohl auch psychisch etwas Ruhe, so wie es wohl ist, wenn man lange Zeit körperlich hart arbeitet, dann wird man sich in der Freizeit wohl auch eine Weile schwer tun, sich zu physischer Anstrengung zu überwinden.
Es ist also wohl der Stress, das hektische Leben, die Schnelligkeit, die das heutige Alltagsleben mit sich bringt, die die Muße, also die Bequemlichkeit zu einer unproduktiven Zeit machen. In der Hektik ist kein Platz mehr für Meditation und die Muße dient der Erholung, sie muss der Erholung dienen, und nicht dem Nachdenken bzw. der Produktivität.

Jetzt rein angenommen, es gäbe so eine Art "göttlichen Plan", oder quantenphysikalisch gesehen morphogenetische Felder, auf deren Prinzip die Evolution beruht, d.h. wenn sich eine vieler unzähliger Möglichkeiten als erfolgreich (erfolgreich könnte man hier auch "mit Reproduktionswille" synonymisieren) erwiesen hat, sich diese immer weiter und/oder öfter entwickelt, ist unser Hang zur Bequemlichkeit oder, dass die Mehrheit den tiefgründigen Fragen aus dem Weg geht oder sie überhaupt ignoriert, darauf zurückzuführen oder sogar, um ins Religiöse zu schweifen, darauf, dass wir diese Bereiche unberührt lassen sollen, es aber immer Ausreißer, Rebellen, PHILOSOPHEN geben wird? Wie dem auch sei, Sir Isaac Newton war einer dieser bemerkenswerten Kämpfer. So sehr ihn eine Frage auch gequält hat -egal wie aussichtslos, paradox oder unlösbar sie ihm erschien- er hat nicht aufgegeben und ist ihr bis er eine zufriedenstellende, befriedigende Antwort hatte, nachgegangen, solange es auch gedauert hat oder dauern mochte.
Scheinbar muss ich diesen Kampfgeist noch ein wenig trainieren, wodurch und wann auch immer, denn öfters kommt in mir z.B. der Gedanke auf „Was ist jetzt eigentlich Gravitation und wie entsteht sie wirklich?“ und ich beginne nachzudenken, schaue mir hin und wieder sogar ein paar Formeln an, verwerfe es dann aber irgendwie wieder, weil ich ständig in Sackgassen lande und genauso ist es mit vielen anderen Themen.
Es ist genau dieser Kämpfergeist und vielleicht in gewissen Fällen ein optimiertes Potential, das die großen Köpfe, die großen Denker und Wissenschaftler der Geschichte und der heutigen Zeit, von den anderen unterscheiden. Ich kann mich nur immer und immer wieder wiederholen: Das Potential hat (fast) jeder; es zu nutzen wagen sich nur wenige...

Eigentlich müsste jeder, der geistig wirklich Höheres erreich will seine Lebenseinstellung bzw. sein Lebenstempo soweit verändern bzw. verlangsamen, dass er so viel Muße hat, dass er sich mehr als nur erholen kann und ihm geradezu langweilig wird, und er wieder nachzudenken beginnt. Das ist möglich, sei es nun durch eine Weltreise, wie sie Gregor Sieböck gemacht hat ("Auf der Suche nach der Langsamkeit"), durch Mut zur Bescheidenheit oder indem man sich z.B. zum Buddhismus bekennt. Um das zu tun müsste man aber eben erst einmal den inneren Schweinehund überwinden...


"Wenn die Welt wirklich meine Vorstellung ist, dann bin ich ein Genie der Kreativität und Komplexität und weiß mehr als ich selbst weiß"
 Ich (als ich zu bequem war einen Text über die Komplexität einer erschaffenen Realität zu schreiben)

Sonntag, 12. September 2010

Eisen, Holz und Glas...wieder mal in den Steinbergen unterwegs

"Eisen, Holz und Glas"...so sollte das Motto meiner Wanderung in die Loferer Steinberge lauten. Denn die Gipfelkreuze jener Gipfel, die ich mir zum Ziel gesetzt hatte, bestehen aus jeweils einem der besagten Materialien.

Die Schulferien neigten sich dem Ende und der Wetterbericht hatte wieder einmal auf ganzer Breite versagt. Wegen angesagten Kaltfronten hatte ich meine Wanderung in den traumhaft schönen Zillertaler Alpen, wo man sich in der absolut empfehlenswerten Zittauer Hütte traf, abgebrochen..Besagte Kaltfronten blieben aus, aber ich war leider schon daheim und damit zu weit entfernt, um nochmal ins Zillertal zurückkehren zu können. Als sich dann endlich günstige Umstände ergaben, beschloss ich am Freitag die letzten Ferientage nochmals zu nützen und in die Loferer Steinberge zu gehen. Da ich eine Übernachtung in der Schmidt-Zabierow-Hütte einplante, ließ ich mir viel Zeit mit dem "Aufbrechen" und irgendwann hatte ich meine Bequemlichkeit dann doch endlich überwunden und ich stand wieder einmal mit meinem schweren Rucksack voll Proviant im Loferer Hochtal. Anfangs regnete es ziemlich und es galt erst einmal die Lustlosigkeit, die man eben manchmal so hat, wenn man die größten Strapazen noch vor sich hat, zu überwinden. Obwohl es erträgliche Temperaturen hatte, schwitzte ich ziemlich, und genau das machte das ganze so mühsam. Vielleicht war es auch einfach nur kondensierte Feuchtigkeit, die sich unter dem Regenschutz gesammelt hat, aber an meinem sogenannten "Funktionsshirt", dessen Funktion ich gegenüber einem normalen T-Shirt noch nie bemerkt habe, konnte man die Umrisse des Rucksacks bereits genau erkennen. Allmählich lichteten sich die Wolken und es hörte auf zu regnen. Zwar war ich nicht so erschöpft und depressiv wie damals beim Aufstieg vom Lastal, aber ich fühlte mich ziemlich lädiert. Der Aufstieg war beschwerlich, aber dann kam ich während einer Pause auf die Idee, meinen Rucksack zu verstellen - Wow! Der Unterschied war unglaublich - ganz ohne Sarkasmus - und der Aufstieg fiel mir nun erheblich leichter. Was ein falsch eingestellter Rucksack also alles so ausmachen kann. Bei den großen Rucksäcken gibt es schließlich nicht umsonst einen Hüftgurt, der die Last vom Rücken auf die Hüften verteilen soll. Ich ging weiter und sah unterwegs auch viele Gämsen, die sich überraschend zutraulich zeigten. Diese Begegnungen, bei denen auch ein paar schöne Fotos entstanden, motivierten mich, weiterzugehen.


 Bei der Hütte angekommen, "checkte" ich gleich ein und bezog meinen Platz im großen Lager. Das Lager hat Platz für gut 50 Personen, aber es waren außer mir nur vier Leute da. Ich suchte mir einen Schlafplatz direkt am Fenster, von dem aus ich einen Blick ins Tal hatte -einfach traumhaft. Da verzichte ich doch glatt auf irgendein teures Stadthotel, wenn ich hier doch alles habe, was ich brauche und dazu noch eine herrliche Aussicht.

Da ich noch das Breithorn, den Gipfel mit dem Eisenkreuz, bezwingen wollte, startete ich trotz ermüdeter Beine gleich wieder los. Auf halben Wege traf ich noch ein paar Leute, die aber bereits beim Abstieg waren. Die Dämmerung war bereits eingetreten, aber ich ging weiter. Als ich das Waidringer Nieder erreicht hatte, von wo aus man zum Breithorn abzweigt, kam bereits Nebel auf.




Der Weg aufs Breithorn ist nicht markert - lediglich "Stoamandln", also aufgeschichtete Steinhäufchen, geben Anhaltspunkte für die Route zum Gipfel. Ich hatte nur den Gipfel im Kopf und den Blick nicht nach vorne gerichtet und ging immer weiter und hatte bereits die ersten leichten Kletterstellen passiert. Dann merkte ich plötzlich, wie dunkel es doch plötzlich geworden ist und dichter Nebel war auch noch aufgezogen. Also nichts mit Sonnenuntergang auf dem Gipfel. Dann holte mich plötzlich doch die Vernunft ein und ich drehte, ca. 20 Minuten vom Gipfel entfernt, etwas schwermütig, um.

"Wenn es nicht die Ziele sind, die man erreicht, sind es immerhin die Erfahrungen, für die es sich lohnt..."

Der "Weg" im Schein meiner Stirnlampe
...dachte ich mir. So war es auch, als ich neulich mit einem guten Freund mit schwerem Gepäck zur Hütte aufgestiegen war und wir aufgrund Schneelage nach einer kurzen Rast in der Hütte wieder umdrehen mussten. Schließlich war es nicht der Gipfel des Mt.Everest vor welchem ich umdrehte, sondern ein Gipfel, an dem man wohl noch öfters vorbeikommt. Eine weitere wichtige Erfahrung war, dass angefrorene Bananen nicht gerade köstlich schmecken, so jedenfalls die, die ich mir mitgenommen hatte (äußert bissfest).
Als ich wieder den markierten Weg erreicht hatte, war ich heilfroh, dass ich umgekehrt bin, denn der Nebel war bereits sehr dicht und es war stockfinster.
Im Schein meiner Stirnlampe ging ich den mir bereits vertrauten, markierten Weg zur Hütte runter. Es war totenstill und als dann hin und wieder das seltsame Kreischen einer Gämse die Stille zerbrach, erschrack ich doch ziemlich, vielmehr aber, als vor mir irgendwelche Vögel, vom Schein meiner Lampe aufgeschreckt, plötzlich mit einem ungeheuren Lärm wegflogen und ich fluchte immer wieder los, was das Zeug hielt ;) ...Adrenalin eben. Und ich muss schon zugeben, etwas unheimlich war die Stimmung schon. Nächtens alleine in den nebeligen Bergen unterwegs...da kann es einem schonmal kalt den Rücken runterlaufen und harmlose Steine nehmen plötzlich Gestalt an...Als ich dann aber von Weitem die Lichter der Hütte sah, fühlte ich mich wieder geborgen. Der Weg vom Waidringer Nieder ist fast zur Gänze klar als solcher ersichtlich und man muss sich nicht unbedingt immer auf die Markierungen konzentrieren. Aber ich wusste, es gibt eine Stelle, wo der Weg von einer Felsstufe in die Schottergrube ausschweift, doch ich war wohl in Gedanken verloren, denn plötzlich -ich glaubte noch auf dem Weg zu sein- fand ich mich auf dem Schotterhang wieder. Eine Markierung war jedoch weit und breit nicht in Sicht. "Scheiße, jetzt ist es doch passiert..." dachte ich mir...Ich beschloss in Serpentinen den Schotterhang in Richtung Hüte runterzusteigen und versuchte markante, mir bekannte, Stellen zu finden. Vor mir war dann plötzlich der Abgrund. Als ich mich neu zu orientieren versuchte, glaubte ich die ungefähre Lage des Weges zu wissen und ich ging stets in diese Richtung, musste aber immer wieder großen Felsen und Vertiefungen in großem Bogen ausweichen.Und irgendwann sah ich endlich eine markante Stelle und etwas, das nach einem Weg aussah. Und dann endlich! ein roter Punkt! Noch nie hatte ich mich so über eine kleine Wegmarkierung gefreut. In der Hütte angekommen, empfing man mich freundlich und ich wurde von anderen Wanderern noch auf ein Bierchen eingeladen. Nach ein paar Langzeitbelichtungsaufnahmen von der Terasse, welche einen herrlichen Blick auf die Lichter im Tal bot, legte ich mich ins Lager und genoss diesen Zustand der angenehmen Erschöpfung. Von meinem Fenster sah ich genau ins Tal.


 

Die Nacht war ruhig und ich hatte gut geschlafen. Ich wollte früh am Gipfel sein, deshalb stellte ich mir den Wecker schon auf halb 6. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es wohl ein etwas nebeliger Morgen sein dürfte, also klare Morgenrotaufnahmen würden sowieso nicht rausspringen. Also konnte ich mich vorerst nicht dazu bringen, aus dem warmen Schlafsack auszusteigen. Eine halbe Stunde später quälte ich mich dann doch raus und richtete mein Zeug her. Nach einem schnellen Frühstück aus eigenen Vorräten startete ich mit leichtem Gepäck aufs Ochsenhorn. Unterwegs trödelte ich etwas herum und machte immer wieder Fotos, denn am Horizont öffnete sich doch ein Wolkenfenster und ein Streifen Morgenrot war zu sehen.





Nachdem ich die kleine Wehrgrube passiert und ein ganzes Stück aufgestiegen bin, machte ich nochmals eine Rast, denn es ging von nun an ziemlich steil rauf. Wieder galt es, die Lustlosigkeit zu überwinden, denn so früh am Morgen bin ich noch nicht ganz auf Touren...Aufgrund der kühlen Temperaturen und dem Schatten erschien mir der Aufstieg weniger anstrengend als erwartet, und ich machte kaum mehr Pausen. Nachdem ich ein paar längere Rinnen hochgeklettert und kleine, vereiste Schneefelder passiert hatte, war plötzlich -völlig unerwartet- auch schon das große Gipfelkreuz des Ochsenhorns zu sehen. Oben war es windig und Wolken, Sonne und Nebel wechselten einander ab.














Das hölzerne Gipfelkreuz, welches ich nach ca. 130 Minuten von der Hütte aus erreicht hatte, ist, denke ich, das größte in den Loferer Steinbergen, und immerhin ist auch das Große Ochsenhorn der höchste Berg der Loferer Steinberge. Es gibt sogar eine Holzbank zum Sitzen.





Nach unzähligen Panoramaaufnahmen vom Gipfel, die ich wahrscheinlich ewig lange nicht bearbeiten, geschweige denn zusammenfügen werde, und dem "Gipfelmüsliriegel" welcher schon zu einer Art Ritual geworden ist (nicht selten war dieser genauso gefroren wie die Banane), begann ich auch schon mit dem Abstieg, der relativ ereignislos verlief. Der Weg aufs Große Ochsenhorn ist jedenfalls von allen am gefährlichsten was Steinschlag betrifft, denn nicht selten geht man an steilen Rinnen vorbei.
Unterwegs begegnete ich wieder mal einer Gämse. Egal wie oft ich sie noch sehen werde, aber ich werde einfach jedes mal fasziniert sein, wie grazil und schnell sie sich in solch exponierten Gelände fortbewegen. "Allrad" ist eben doch von Vorteil.

Dann kam ich zur kleinen Wehrgrube runter, von wo aus irgendwo ein Weg zum Rotschartl und damit zum Traunspitzl, also dem Glaskreuz, führen sollte. Dieser Weg ist jedoch nicht markiert, geschweige denn ersichtlich. Da ich den Gipfel des Breithorns am Abend nicht erreicht hatte, beschloss ich erstmal den nachzuholen und "dann schau ma weiter...", da ich außerdem ziemlich Hunger hatte und mir nicht sicher war, wie gut das Traunspitzl unter diesen Umständen zu erreichen wäre. Also kehrte ich zur Hütte, sozusagen zum Basislager zurück und entbehrte wieder etwas Proviant. Da ich abends noch zu einer Geburtstagsfeier sollte, hatte ich nicht allzuviel Zeit zum Rasten, wenn sich das Breithorn noch ausgehen sollte, also ging ich sogleich auch los. Nach ca. 10 Minuten war ich zwar nicht gerade erschöpft, aber antriebslos. Ich wollte einfach nicht mehr. Doch es ist immer wieder faszinierend - während ich im Kopf selsbt mit mir diskutiere, ob ich weitergehen soll, oder nicht, bzw. mich selbst zu überreden versuche, gehe ich inzwischen automatisch weiter und plötzlich finde ich mich so weit oben wieder, dass ich wieder motiviert bin, da es nicht mehr so weit ist. Zudem war der Aufstieg nicht so anstrengend, da ein frischer Wind wehte und Wolken die Sonne zwischendurch bedeckten.
Schon bald sah ich die Hütte fast aus Vogelperspektive und erreichte das Waidringer Nieder, wo ich auf die anderen Hüttengäste traf. Auch sie hatten sich das Breithorn zum Ziel gewählt. Ich ging vor. Meine Entscheidung, abends vor dem Gipfel umzukehren, bestätigte sich mir erneut als richtig, als ich weiterkam und es etwas schwierigere Kletterstellen zu überwinden galt, die bereits etwas Schwindelfreiheit und Geschick erfordern. Der rauhe Kalkstein hinterlässt zudem an den Händen gerne ein paar "Erinnerungen" und immer wieder dachte ich mir "Scheiße, wie soll ich da eigentlich wieder runter kommen?". Nachdem ich diese Stellen überwunden hatte, war ich aber schon auf dem Grat und sah auch schon den Gipfel. Das Kreuz mussten sie natürlich ganz vorne hinstellen. Das Eisenkreuz hat in der Mitte eine Öffnung, in der sich eine Glocke befindet.
Ich verzichtete auf Panoramaaufnahmen und machte lediglich ein paar Gipfelfotos. Den Gipfel hatte ich von der Hütte aus in 80 min. erreicht.
Eigentlich konnte ich mich nicht so recht über den Gipfelsieg freuen, denn wie schon Skyrunner Christian Stangl gesagt hat: "Man kann sich erst freuen, wenn man wieder unten ist. Auf dem Gipfel hat man noch den Abstieg vor sich". Natürlich ist es etwas weit hergeholt, das 2415m hohe Breithorn mit dem Himalaya zu vergleichen, aber ich war ja schon eine ganze Weile rauf-runter unterwegs und wenn man dann noch einen Abstieg von der Hütte mit dem großen Rucksack vor sich hat...Zudem muss man so ein mehrtägiges Erlebnis erst einmal daheim "verarbeiten".
Nach dem Gipfelmüsliriegel begann ich gleich mit dem Abstieg.


Der Abstieg verlief problemlos. In der Hütte angekommen, packte ich meinen Rucksack zusammen. In den Berghütten bin ich eigentlich nur zum Übernachten und versorge mich sonst selbst, aber mir scheint die Hütten sind zunehmend auch auf Konsum ausgelegt. Dass die Preise für Essen&Trinken hoch sind, ist absolut verständlich und nachvollziehbar, schließlich wird das Essen ja raufgetragen oder überhaupt mit dem Hubschrauber geflogen. In der Zittauer Hütte in den Zillertaler Alpen steht "Dies ist, war und bleibt eine Alpenvereinshütte. Sie ist weder Berggasthof noch Alpenhotel" - ein guter Leitspruch aber so empfinde ich die Hütten eigentlich weniger (leider), denn wenn man dann die Speisekarten mit ihrer Vielfalt ansieht...Ich finde jedenfalls man sollte die Hütten wieder primär auf Übernachtungen auslegen und nur die wichtigsten Lebensmittel, bzw. einfache Speisen anbieten. Ein bisschen Bescheidenheit schadet einem gerade in den Bergen nicht und mit guter Einteilung und den richtigen Sachen kommt man auch mit dem mitgebrachten Proviant mehrere Tage problemlos aus. Gerade wenn man solche Hütten als Stützpunkt für ausgedehnte Touren nutzt, kann man doch auf Sachertorte&Co. verzichten -mit sowas kann man sich dann im Tal belohnen. Die Selbstversorger sind jedenfalls eindeutig in der Minderheit. So jedenfalls mein Appell an die Berghütten. Aus anderer Perspektive betrachtet ist es dann doch verständlich, denn irgendwo müssen die Bewirtschafter ihre Einnahmen beziehen, und wenn es nicht ein vielfältiges Speisenangebot ist, mit dem man auch anspruchsvollere Wanderer lockt, würde es sich vermutlich auf die reinen Nächtigungspreise ausschlagen müssen, und dann wäre auch nicht gewünscht. Am besten wäre es einfach, den Selbstversorgern mehr Möglichkeit geben, sich selbst zu versorgen, d.h. einfach eigene "Jausenräume" in denen man sich nicht gezwungen fühlt, etwas zu bestellen, sondern die wirklich nur für die eigenen Sachen da sind. Vermutlich wird auch niemand was sagen wenn man in der Stube seine Jause auspackt während andere á la carte dinieren, aber man fühlt sich eben doch etwas insistiert.
Am Hüttenpersonal kann ich jedenfalls nichts aussetzen - freundliche und hilfsbereite Menschen und wie ich anhand des Gipfelbucheintrages auf dem Ochsenhorn feststellte, arbeitet ein Sherpa aus Nepal dort, seine Homepage können Sie unter folgender Adresse: http://endlesshimalayan.com/about_me.php besuchen.

Nach dem "Auschecken" hatte ich also wieder meinen schweren Rucksack auf dem Buckel - doch ein spürbarer Unterschied zu dem leichten, den ich bei den Gipfelbesteigungen hatte.
Den monotonen Abstieg schaffte ich etappenweise ohne große Anstrengung, im Tal war ich dann aber doch froh, endlich unten zu sein. Beim Abstieg hilft mir meistens, wenn ich zurückblicke und sage "Gut, dass ich das Stück nicht nochmal raufgehen muss" oder einfach zuzusehen wie sich die Hütte immer weiter entfernt.
Daheim angekommen ließ der Muskelkater nicht lange auf sich warten und ich freute mich nun so richtig über die Gipfelsiege. Gute 5000 Höhenmeter hatte ich in diesen Tagen zurückgelegt und habe damit nun alle Gipfel der Loferer Steinberge geschafft, die man ohne Kletterausrüstung erreichen kann. Lediglich die "Spitzl", also Traunspitzl und Skihörndl fehlen mir noch, wobei das eher eben kleine "Spitzerl" als Gipfel sind. Zwar habe ich immer noch das Gefühl, die Ferien nicht ganz genutzt zu haben, aber wandermäßig habe ich doch einiges erreicht, zumal ich in den wunderschönen Zillertaler Alpen während dem Treffen einer Fotocommunity mit 2845m Höhe (Roßkopf) auch meinen höchsten Gipfel bezwungen hatte. Die Dreitausender waren aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse leider nicht mehr drin - wäre ich im Zillertal geblieben, wäre es ein schönes Ziel gewesen...Hoffentlich nächstes Jahr...
Eigentlich habe ich mir gestern als ich heimkam gedacht, jetzt für eine Weile genug vom Wandern zu haben, aber wenn ich hier so schreibe, bekomme ich glatt wieder Lust darauf. Zeitlich wird es jetzt wohl aber immer schlechter gehen, denn, wie gesagt, die Ferien sind vorbei...

Hier unten noch ein Panorama der Zillertaler Alpen, vom Roßkopf aus fotografiert: