Donnerstag, 16. September 2010

Vlogging, Blogging, Twitter und die Manie der Selbstdarstellung

---Eine kurze Geschichte der Profilierung---

Das Wort "Blog" ist eine Art Kunstwort, welches wiederum aus dem Kofferwort "Weblog" entstand. Web dürfte klar sein und "log" bedeutet soviel wie "Tagebuch", oder eben Bericht/Logbuch oder auch als Verb "to log" also "aufzeichnen". Der/das Blog war die erste offizielle Möglichkeit, die unnötigsten Geschehnisse des Alltags, aber auch Routinetätigkeiten der ganzen Welt mitzuteilen. Ich blogge, du blogst, er, sie, es, blogt und kaum ein Jahr später blogst du, er, sie, es, und auch ich nicht mehr, denn es wird gezwitschert. Twitter, übersetzt "Zwitscher" heißt die neuere Form der Profilierung.
Während man beim Bloggen noch als besonders empfundene Alltagsgeschehnisse, sei es nun ein neues MakeUp, der Friseurwechsel oder das Treffen mit einem realen Freund, mitteilte, darf oder sollte man einfach alles zwitschern, ob man nun gerade seinen allmorgentlichen Stuhlgang hat, isst, schläft oder gerade lebt oder nicht mehr lebt, denn schließlich will ja jeder wissen, was man gerade macht. Ein Abgesang per iPhone und das Requiem findet virtuell in Facebook-Gruppen statt. Der Vorteil: Der Staat liest ohenhin mit und der Gang zum Standesamt entfällt somit.
Das Gezwitscher wurde aber wieder leiser und Facebook rückte in den Vordergrund. Die Histrioniker unter uns erfreuen sich an der Möglichkeit, ihren Freunden, aber auch den Konzernen, nun auch ihr Konsumverhalten mitteilen zu können.
Das auf zahlreichen Videoportalen zum Trend gewordene "Vloggen" ist ein weiteres Kunstwort, wobei das V für Video steht, und genauso stumpfsinnig ist, wie das Wort selbst klingt.

---WIESO??---

Ich kann ja noch irgendwo die Leute verstehen, die bloggen oder vloggen, sie scheinen einfach einen manischen, wenn nicht sogar pathologischen Mitteilungs- und Profilierungsbedarf und einen mehr oder weniger latenten Hang zum Exhibtionismus zu haben, aber was ich nicht verstehe sind jene Leute, die es sich auch noch ansehen bzw. lesen! Wenn es wenigstens interessante, hilfreiche oder lehrreiche Sachen wären, aber es gibt Videos, wo einfach der etwas wohlhabendere überdurchschnitsgewichtige Herr Vlogger aus den Vereinigten Staaten mit seiner Durchschnittsfamilie einkaufen geht oder seine Kinder zur Schule bringt, also da passiert einfach nichts Relevantes und dennoch haben diese Videos hunderttausende Views. Wie ist das möglich? Lange Zeit habe ich nachgedacht, warum man sich so etwas ansieht. Dann habe ich als letzte mögliche Lösung gesehen, dass es vielleicht Menschen sind, die selbst keine Familie haben, sich aber eine wünschen o.Ä. oder die eben selbst Eltern in einer Familie sind, und für die es wie eine Art Informationsaustausch ist, denn bei einem Kaffeeplausch, wo zwei Familienmütter und/oder -väter aufeinandertreffen, wird ewig genau über solche leeren Dinge, ganz besonders auch Haustiere stundenlang erzählt, aber dann sah ich mir die Statistiken bei den Vlogs an (übrigens eine sehr hilfreiche Innovation, mein Lob an YouTube; Marktforscher und Psychologen jubeln) und die Zielgruppen der Vlogs sind nicht etwa Männer und Frauen über 25 (durchschnittliches Alter in dem man beginnt, an Familie zu denken) sondern Jugendliche! 13-20!!Unglaublich. Genauso absurd: einer der meistabonnierten Kanäle auf YouTube gehört einem Mann, der in seinen Videos lediglich andere, von ihm als sehenswert oder lustig empfundene YouTube-Videos, mit vorhergehendem knappen Kommentar seinerseits, präsentiert. Wäre Freud noch am Leben, so würde er es wohl auf latenten Voyeurismus zurückführen, aber für solche Leute hat das Internet dann wohl doch etwas mehr zu bieten, als nur Vlogs. Ich kann mir dieses Phänomen jedenfalls nicht so recht erklären.

---Wer im Glashaus sitzt...---

Und ja, natürlich bin ich mir der Ironie bewusst, in einem Blog das Blogging zu kritsieren, andererseits gehört dieser Blog, wie schon des Öfteren erwähnt, zu jenen, die einigermaßen sinnvoll genutzt werden. Ich berichte hier von erwähnenswerten Erlebnissen, die gleichzeitig auch die Möglichkeit für den Leser bieten, Informationen zu sammeln (falls er/sie z.B. auch eine solche Wanderung zu unternehmen gedenkt...) und möchte meine schönen Erfahrungen gewissermaßen mit den Lesern teilen. Was manch einer als unwichtige Details empfindet, gehört zu meinem Schreib- bzw. Erzählstil. Neben den Erzählungen möchte ich auch Denkanstöße liefern, und natürlich auch eigene Theorien und Stellungnahmen zu denen natürlich jeder herzlich eingeladen ist, zu kritisieren.

Es ist für mich übrigens keine nachvollziehbare Antwort, wenn mir nun jemand antwortet, er vlogge, weil auch er seine Erlebnisse mit der "Welt da draußen" teilen möchte. Ich empfinde jedenfalls einen Friseurbesuch oder Alltagsroutine einfach nicht als teilenswert, aber vielleicht sehen die Zuseher der "Vlogs" das ja tatsächlich anders...Man möge mich bitte aufklären.

Mit besten Grüßen

Mimir


P.S. Heute bin ich doch glatt um 9 Minuten zu spät aufgestanden, da ich auf meinem Handy aus versehen die "Schlummern"-Taste und nicht die "Wecker aus"-Taste gedrückt habe. Aus diesem Grund mussten die Cornflakes entfallen und ich musste mich mit einem Toast begnügen. Wenn ich jetzt meinen Schokoladepudding verspeist habe, werde ich mir die Zähne putzen gehen und bei Bedarf auch die Toilette aufsuchen. Danach werde ich ein Glas Wasser trinken...

1 Kommentar:

  1. hehe wahre worte!!
    dieser Kommentar ist übrigens absolut sinnvoll und dazu da, von dír bereits gesagtes zu unterstreichen;
    als ob die leser sich solches nicht denken könnten;

    AntwortenLöschen